Haarweisheiten
Ute aus Aub und Leila aus Fürth waschen ihre Haare nur noch mit Wasser. Was sich seitdem getan hat und warum das besser für die Haare sein soll, haben wir im Interview erfahren. Foto: Haarweisheiten / Nora Fleckenstein

Würzburg

Diese Fränkinnen haben aufgehört, ihre Haare mit Shampoo zu waschen

Wie wichtig ist Shampoo für die Haare? Während manche Frauen auf zweifaches Spülen mit verschiedenen Shampoos und anschließender Haarkur schwören, gibt es alternative Modelle. Zum Beispiel: Einfach gar nicht mehr mit Shampoo zu waschen. Diese „Haarweisheit“ verbreiten die gebürtige Unterfränkin Ute Lachner und ihre Kollegin Leila. Beide lassen nur noch Wasser an ihr Haar. Das führte die beiden sogar zur Gründung eines Unternehmens namens „Haarweisheiten“, das Verpackungsmüll sparen und Frauen ein besseres Haargefühl verschaffen möchte.

Wir haben mit Ute darüber gesprochen, seit wann sie sich die Haare nicht mehr regulär wäscht und wie fettig ihre Haare in den ersten Tagen der Umstellung tatsächlich waren.

Ute, wann kam der Punkt, an dem du mit deinen Haaren erstmals unzufrieden warst?

Ute Lachner: Mir war nie richtig bewusst, dass ich unzufrieden war. Oh, Moment, doch. Als ich vielleicht so neun Jahre alt war habe ich mich mit einer Freundin dazu entschieden, unseren Haaren den gleichen Kurzhaarschnitt zu verpassen. Was ich damals nicht wusste, war, dass meine Freundin eine völlig andere Haarstruktur hatte als ich. Meine Haare vielen immer schwer und glatt und die meiner Freundin voluminös und gewellt. Sie sah so wunderschön aus mit dem Haarschnitt, den wir uns ausgesucht hatten und bei mir stand immer hinten am Wirbel ein Büschel hoch. Es gab Dramen im Bad, weil dieser Büschel sich durch nichts hat bändigen lassen. So richtig bewusst geworden, dass meine Haarstruktur sich durch natürliche Haarpflege und natürlicher Haarfarbe ändert, ist mir erst als ich durch Zufall in einem Naturfriseur als Friseurin zu arbeiten begann.

Diese glatten Haare und der eine Büschel waren also ein Problem?

Ute Lachner: Mein jahrelanger Grund für die Unzufriedenheit mit meinen Haaren war, dass ich so gerne wenigstens ein bisschen Schwung haben wollte. Locken wären natürlich der Traum, aber den hatte ich längst aufgegeben. Waren meine Haare kurz, standen sie in alle Richtungen. Ich brauchte Unmengen an Gel und alle drei Wochen einen neuen Schnitt. Waren sie länger, fielen sie schwer und glatt herunter. Mühsame Versuche, eine Frisur dazu zu bringen, länger als 30 Minuten zu halten, scheiterten meist.

Du hast dann ja bei einem Naturfrisör in Würzburg gearbeitet. Da hast du sicherlich dann auch auf natürliche Produkte umgestellt?

Ute Lachner: Genau. Und durch die Umstellung auf Naturprodukte kam auch die Umstellung auf eine Naturhaarfarbe. Aus chemischer Farbe wurde Henna und irgendwann wurde aus Henna komplett Natur. Um die volle Kraft der Naturprodukte zu nutzen ist für mich eine Umstellung auf Henna oder Natur unabdingbar. Meiner Meinung nach wird durch chemische Haarfarbe die Haarstruktur komplett zerstört. Dagegen kommen Naturprodukte oft einfach nicht genügend an. Zumindest, wenn man von glänzendem, glattem Haar träumt. Ich habe nach einiger Zeit deutlich leichteres Haar gehabt. Es hatte mehr Griff und Schwung.

Wann hast du aufgehört, Shampoo zu verwenden?

Ute Lachner: Das war ein Prozess. Eigentlich fing es damit an, dass ich vor Jahren einen Bericht über Susanne Kehrbusch im Fernsehen gesehen habe und so überhaupt erst erfahren habe, dass es geht, seine Haare nur mit Wasser und einer Bürste zu reinigen. Da dachte ich noch, das muss ich unbedingt irgendwann mal ausprobieren. Und irgendwann war es dann so, dass die Firma, die meine Naturpflegeprodukte herstellte, ihre Produktserie umstellte und ich nicht mehr zufrieden war. Und da mir alle anderen Alternativen, die ich kannte, nicht gefallen haben, war der Zeitpunkt gekommen das jetzt mal auszuprobieren. Es wurde erst einmal auch immer weniger waschen... und irgendwann dann gar nicht mehr mit Shampoo. Das letzte Mal mit Shampoo gewaschen habe ich sie circa vor einem Jahr. Und seitdem habe ich auch kein Alternativprodukt wie Seife, Mehl, Natron mehr verwendet.

Wie waren die ersten Tage, die Haare waren ja sicherlich schon sehr fettig, oder?

Ute Lachner: Ich war erstaunt. Durch das Bürsten und Spülen mit Wasser haben sie sich erst nach circa zwei Wochen so verändert, dass ich es gesehen habe. Ich muss dazu sagen, dass meine Grundvoraussetzung rund sechs Jahre ohne Chemie war. Ob Farbe oder chemische Pflegeprodukte. Nach etwa zwei Wochen wurden die Haare sehr schwer. Zwischendurch war bei mir der Wirbel eine kleine Problemzone, aber durch ein paar Tricks ging das ziemlich schnell vorbei. Ich habe mich nie richtig unwohl gefühlt oder gedacht ich kann so nicht vor die Tür. Zumindest nicht öfter, als sonst auch. Jeder hat mal Bad Hair Day. Ob mit oder ohne Shampoo. 

Ab wann wird das generelle Gefühl richtig gut?

Ute Lachner: Das ist ganz unterschiedlich. Bei kurzen Haaren geht das sehr schnell. Männer mit kurzen Haaren hatten keine Probleme. Sie sind alle begeistert, weil die Geheimratsecken wieder voller werden, nichts mehr juckt und es so schön schnell geht. Bei Frauen ist das ein wenig wellenartig. Wir Frauen spüren unseren Zyklus nämlich auch oft über den Kopf. Besser wird es also immer wieder. Bei mir war irgendwann die Bürste nach dem Bürsten immer sauberer als am Anfang. Daran habe ich gemerkt, dass die Talgproduktion sich wohl reguliert hat. Man ist so mit der Veränderung beschäftigt und der neuen Art und Weise seine Haare zu pflegen, dass es zum einzigartigen Erlebnis wird.

Drei Haarmythen laut Ute zum Waschen mit Wasser:

  • Die Haare müffeln. Falsch: Die Haare riechen irgendwann nur noch nach Haar.
  • Die Haare werden fettig. Falsch: Eine klassische Ausfettungsphase gibt es gar nicht. Wer ein fettiges Gefühl dennoch hat, hat mehrere Möglichkeiten, das angenehmer zu gestalten.
  • Ich kann mehrere Tage nicht aus dem Haus, wenn ich meine Haare auf eine andere Pflege einstelle. Falsch: Die Haare lassen sich weiterhin gut pflegen, auch wenn das Shampoo wegfällt.

Wie empfindest du heute deine Haare?

Ute Lachner: Ich liebe meine Haare. Absolut und jeden Tag. Sie sind genauso, wie ich sie immer haben wollte. Und ich mache nichts dafür. Also nichts im Sinne von Produkten oder Styling mit Glätteisen, Lockenstab und Co. Ich bürste, spüle und lasse trocknen. Fertig. Sie sind voll, griffig, voluminös. Sie haben Bewegung. Ab und an versteckt sich eine kleine Welle und sie glänzen so schön in der Sonne.

Wie sieht es gerade in der Würzburger Region mit dem kalkhaltigen Wasser aus? Da helfen ja oft schon die Weichmacher im Shampoo?

Ute Lachner: Ja und Nein. Der Härtegrad macht schon was aus am Haar, aber an gesundem deutlich weniger als an chemisch behandeltem oder trocken, kaputtem Haar. Meine Haare verhalten sich bei weichem Wasser auch einfach weicher. Ich muss sie weniger oft spülen und auch weniger bürsten. Genau so kann man das kalkhaltige Wasser aber auch gut ausgleichen. Was auch gut hilft ist den letzten Spülgang mit destilliertem Wasser zu machen. Zudem kann man mit einer sauren Rinse ausgleichen, aber da kommt es auch viel auf Details an.

Leila aus Fürth behandelt ihre Haare mit Wasser und im Anschluss mit einer Wildschweinborsten-Bürste. Foto: Haarweisheiten / Nora Fleckenstein

Zu dem Waschvorgang gehört bei dir ja auch eine Bürste mit Schweineborsten. Was bedeutet das?

Ute Lachner: Wildschweinborstenbürsten sind dem menschlichen Haar am ähnlichsten. So können sie am besten den Talg und die Schmutzpartikel von der Kopfhaut aufnehmen, in den Längen und Spitzen verteilen und den Überschuss mit herausnehmen. Ohne meine Bürste könnte ich nirgendwo mehr hin. Sie ist morgens das erste wonach ich greife und abends das letzte.

Was sagst du heute über Shampoo ganz generell?

Ute Lachner: Shampoo ist eine Erfindung, um damit Profit und Geld zu machen. Alle haben es, keiner braucht es. Außer es hat medizinische Gründe.

Derzeit entwickeln Ute und ihre Geschäftspartnerin Leila einen Online-Kurs, der zeigt, wie man künftig auf Shampoo verzichten kann. Auf Startnext könnt ihr die Crowdfunding-Kampagne dazu bis Mitte November unterstützen.

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